Bei einer Bestellung von Artikeln verschiedener Steuersätze sind für Onlineshops gemäß deutschem Steuerrecht 2 Lösungen zulässig, wenn es um Mehrwertsteuer auf die Versandkosten für Privatkunden aus Deutschland geht. Mit Gambio ist leider keine der beiden Lösungen möglich, so dass steuerrechtliche Fehler unvermeidbar sind. Unser neues Modul Versandkosten-Mehrwertsteuerausweis für Gambio GX3 & GX4 korrigiert den Fehler.
Probleme & Lösungen
Anforderungen des Gesetzgebers
Grundsätzlich gilt in puncto Umsatzsteuer, dass die Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt. Die Nebenleistung ist in diesem Fall der Versand, die Hauptleistung die bestellte Ware. Das heißt, die Versandkosten sind so zu versteuern, wie die bestellte Ware. Auf die Idee, man müsse als Shopbetreiber bzw. Versandhändler keine Umsatzsteuer für vereinnahmte Versandgebühren abführen, wird ja wohl hoffentlich niemand kommen.
Nur 1 Steuersatz im Warenkorb
Der Sollzustand ist denkbar trivial: Der Kunde bestellt versandkostenpflichtig Artikel zu 19% MwSt., dann sind auch auf die Versandkosten 19% MwSt. auszuweisen. Kauft der Kunde ausschließlich Bücher, werden 7% MwSt. auf die Versandkosten fällig.
So sehen es das deutsche und österreichische Umsatzsteuerrecht vor, die Gambio-Einstellungsmöglichkeiten aber leider nicht.
„Gemischte Warenkörbe“
Die entscheidende Stelle in R 185 UStR 2005 lautet:
Soweit Kosten für Nebenleistungen, z.B. für Beförderung, Verpackung, Versicherung, besonders berechnet werden, sind sie den unterschiedlich besteuerten Hauptleistungen entsprechend zuzuordnen.
Wer also so clever ist und meint, das Problem lösen zu können, indem er „Versandkosten“ in beispielsweise „Verpackung & Versand“ umbenennt, sollte vielleicht doch mal die Konsultation eines Fachmanns in puncto Steuerrecht erwägen.
Lösung 1: Anteilige Zuordnung
Die erste Lösungsmöglichkeit ist wohl anhand eines Beispiels am Einfachsten veranschaulicht. Im Warenkorb befinden sich ein Buch für 10,- EUR inkl. 7% MwSt. und eine DVD für 10,- EUR inkl. 19% MwSt. Die Versandkosten sollen 5,- EUR brutto betragen.
Bemühen wir den Taschenrechner oder ein Tabellenkalkulationsprogramm, können wir Folgendes errechnen:
Produkt | Brutto | Satz | MwSt. | Netto | Anteil |
---|---|---|---|---|---|
Buch | 10,00 € | 7,000% | 0,65 € | 9,35 € | 52,7% |
DVD | 10,00 € | 19,000% | 1,60 € | 8,40 € | 47,3% |
Gesamt | 20,00 € | 12,676% | 2,25 € | 17,75 € | 100,0% |
Spaßig, oder? Nachdem wir die Nettopreise ermittelt haben und anhand derer den Anteil am Bestellwert, errechnen wir den gewichteten MwSt.-Satz mit dieser Formel: 0,527*7 + 0,473*19 = 12,676;
Für unsere Versandkosten folgt daraus:
Versandkosten brutto: | 5,00 € |
---|---|
MwSt. (12,676%): | 0,56 € |
Versandkosten netto: | 4,44 € |
Nun liegen uns also die richtigen Netto-Versandkosten vor. Diese können wir auf 2 Posten aufteilen und die MwSt. zur Aufrechnung auf die beiden Steuerklassen errechnen.
Versandkosten netto zu 7,000% MwSt.: | 2,34 € |
---|---|
Versandkosten netto zu 19,000% MwSt.: | 2,10 € |
Zzgl. MwSt. (7,000%): | 0,16 € |
Zzgl. MwSt. (19,000%): | 0,40 € |
Wäre das nicht mit irgendeinem Dreisatz auch einfacher gegangen? Egal. Im Modul rechne ich es auch nicht anders 😉 Die Steuersummen nach Steuerklasse für unsere Bestellung (d.h. Buch, DVD + Versandkosten) lauten somit wie folgt:
Gesamt MwSt. (7,000%): | 0,81 € |
---|---|
Gesamt MwSt. (19,000%): | 2,00 € |
Dadurch, dass ich in der Tabelle die Zwischensummen auf 2 Nachkommastellen gerundet habe, wird es zu einer Abweichung von 0,01 € gegenüber dem Screenshot unten kommen. Das eben Geschilderte ist zwar die wörtliche Umsetzung der Richtlinie. In der Praxis werden Sie jedoch häufiger den nachfolgenden Lösungsweg vorfinden.
Lösung 2: Zuordnung nach größtem Anteil
Um die ohnehin schon komplexe Materie nicht unnötig zu verkomplizieren, bleiben wir beim Beispiel mit dem Buch und der DVD. Da beide 10,- EUR brutto kosten, das Buch aber den höheren Nettopreis hat, ist auch sein Anteil am Wert der Hauptleistung größer.
In der Onlineshop-Praxis üblich und mit gutem Willen wohl auch noch in Einklang mit dem deutschen Steuerrecht ist daher, den Umsatzsteuersatz des Buches auf die Versandkosten anzuwenden. Das wäre dann also ganz einfach:
Versandkosten brutto: | 5,00 € |
---|---|
MwSt. (7,000%): | 0,33 € |
Versandkosten netto: | 4,67 € |
Zwar würde die komplexe Berechnung aus Lösung 1 natürlich ein Script automatisch übernehmen. Für den Kunden übersichtlicher ist jedoch u.U. Lösung 2.
Was macht Gambio?
Gambio ignoriert die rechtlichen Vorgaben ebenso wie dahingehende „Feature Requests“ von Nutzern. Mit Gambio ist schlichtweg keiner der beiden Lösungswege möglich.
Standardeinstellungen von Gambio
Während der Standardsteuersatz nach der Gambio-Installation bereits mit 19% voreingestellt ist, beläuft sich der Steuersatz für die Versandkosten auf 0,00%. Das wäre an sich egal, weil für die Versandkosten überhaupt kein MwSt.-Satz über das Admin-Menü anzugeben sein müsste. Das Problem ist nur, dass Gambio dann tatsächlich auch keine MwSt. für die Versandkosten berechnet.
Wenn Sie sich den Screenshot ansehen und mit der Tabelle oben vergleichen, stellen Sie fest, dass lediglich für die Artikel MwSt. ausgewiesen wird, nicht aber für die Versandkosten.
Versandart einen Steuersatz zuweisen
Der Fehler wird schon anhand des Worts „einen“ in der Überschrift deutlich. Wählen Sie im Gambio-Backend unter Module > Versandarten ein installiertes Modul aus, können Sie einen Steuersatz zuweisen. Allein die Auswahlmöglichkeit zeugt zwar schon von absoluter Ignoranz gegenüber geltendem Recht. Aber immerhin können alle Shopbetreiber, bei denen es keine „gemischten Warenkörbe“ gibt, das Problem auf diese Weise kaschieren. Allen anderen fehlt leider die Auswahlmöglichkeit „rechtskonform“.
Versandkosten-Mehrwertsteuerausweis Modul
Genug über die Stümperei gelästert – kommen wir endlich zur Lösung. Sie wechseln entweder zu einer kostenlosen, rechtskonformen Alternative zu Gambio oder Sie holen sich kostengünstig unser Versandkosten-Mehrwertsteuerausweis Modul.
Unterstützung für beide Lösungswege
Welcher der beiden Lösungswege ist mit dem Modul möglich? Sie sind hier nicht irgendwo, sondern bei Werbe-Markt.de. Unser Modul unterstützt selbstverständlich beide Lösungsmöglichkeiten! Wählen Sie die gewünschte Berechnungsvariante ganz einfach im Admin-Menü aus.
Das Modul fügt dezent einen neuen Unter-Menüpunkt Versandkosten-MwSt. in die Menübox Shop Einstellungen im Gambio-Backend ein (Screenshot links). Hier wählen Sie einfach die gewünschte Berechnungsweise (Screenshot rechts).
- Anteilig nach Mehrwertsteuerklassen im Warenkorb
entspricht dem oben geschilderten Lösungsweg 1, also der steuerrechtlich ganz korrekten Weise. Dies ist auch die Standard-Auswahl und gültig, solange Sie sie nicht ändern. - Mehrwertsteuerklasse mit größtem Anteil am Nettobestellwert
ist folglich Lösungsweg 2, wie oben beschrieben.
Buch und DVD für je 10,- EUR brutto
Schluss mit der grauen Theorie! Das Modul ist installiert. Bleiben wir der Einfachheit halber beim schon bemühten Beispiel. Auf dem Screenshot links sehen Sie die steuerrechtlich ganz korrekte Variante mit anteiliger Zuordnung. Das Bild rechts zeigt die Anwendung gemäß größtem Anteil am Warenkorb.
Die kleinen Bildchen sind im Übrigen vergrößerbar, indem Sie mit der Maus darüber fahren oder sie anklicken.
Nur eine Steuerklasse im Warenkorb
Für dieses Beispiel brauchen wir keine zwei Bilder in Abhängigkeit des Lösungsweges, denn die beiden sind identisch. Der Anteil der Steuerklasse am Warenkorbwert ist jeweils 100% und automatisch auch der größte. Stattdessen sehen Sie links, dass es mit dem Buch und den 7% klappt. Rechts erkennen Sie den korrekten Mehrwertsteuerausweis auf die Versandkosten für die DVD zu 19% MwSt.
Zur Kontrolle: 2 Bücher, 1 DVD
Wir ändern nichts an den Preisen, sondern bestellen nun 2 Exemplare der DVD. Auf diese Weise macht die 19%-Steuerklasse den Löwenanteil am Bestellwert aus. Wiederum sehen Sie links die anteilige Zuordnung der Mehrwertsteuer auf die Versandkosten und rechts den Ausweis von 19%.
Was ist mit Rabattcoupons?
Erstaunlich, wie Gambio sich bei der Mehrwertsteuer auf die Versandkosten derart anstellt, bei den mindestens genauso komplexen Coupons aber alles richtig zu machen scheint. Rabattcoupons mit Festbeträgen teilt Gambio völlig korrekt anhand der Bruttopreise einzelner Produkte im Warenkorb auf. Somit ändern weder prozentuale noch fixe Rabatte etwas am Verhältnis der Mehrwertsteuerklassen.
Einziger Fallstrick in puncto Coupons ist die beim Anlegen im Gambio-Admin aktivierbare Option Versandkostenfrei. In Wahrheit berechnet Gambio die Versandkosten nämlich durchaus. Allerdings erfolgt eine Gutschrift in Höhe der Versandkosten – genau so, als hätte der Kunde einen Gutschein mit einem fixen Rabatt eingelöst (siehe Screenshot). Dementsprechend verhält sich auch das Versandkosten-Mehrwertsteuerausweis-Modul.
Auch alle Folgefehler beseitigt
Bisher haben wir uns auf die zusammenfassende Bestätigungsseite im Checkout beschränkt. Das gibt einerseits die Gelegenheit, Gambio für die übersichtliche Darstellung auch mal zu loben. Des Weiteren sind Fehler und Lösungen dank ebenjener Übersichtlichkeit gut nachzuvollziehen.
Praktisch ist auch, dass Gambio die Mehrwertsteuer auf die Versandkosten nicht explizit ausweist. Auf diese Weise tauchen keine unschönen 12,676% MwSt. oder ähnliches auf, wenn Sie sich für die 100% rechtskonforme Variante entscheiden.
Natürlich beseitigt das Modul den Fehler aber nicht nur in der Zusammenfassung vor Absenden der Bestellung. Vielmehr findet die Korrektur auch bei der Speicherung der Bestellung statt, so dass der Darstellung im Kundenlogin (Screenshot links), in E-Mails (Bestellbestätigung rechts) etc. überall die korrekte MwSt. aufgeführt wird.
Making-of & keine Testversion
Keine Sorge, ich verschone Sie an dieser Stelle mit dem Software-Lebenszyklus. Es sei nur erwähnt, dass das Modul – wie alle Gambio-Module von Werbe-Markt.de – auf Wunsch mehrerer Kunden entwickelt wurde. Daher stammen auch die zugegebenermaßen von mir noch etwas aufgebauschten Äußerungen zur aus meiner Sicht völlig unverständlichen Weigerung Gambios, Rechtskonformität zu schaffen.
Das gilt ganz besonders, da so ein Modul höchstens einen Tag an Entwicklungszeit und Alpha-Tests benötigt, sagen wir 6 Personenstunden, wie es heute geschlechtsneutral heißt. Beta-Tester für solch dringend benötigte Module gibt es genug.
Erheblich aufwendiger hingegen sind die Beschreibungen, Anleitungen und Screenshots. Da wir hier ganz viel Zeit investiert haben und die Funktionsweise klar sein sollte, verzichten wir auf die Bereitstellung kostenloser Testversionen. Sollten noch Fragen offen sein, stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung!